Würdigung von Prof. Dr. K. J. Schmitz

Prof. Dr. K. J. Schmitz, Kunstwissenschaftler (Beauftragter für Kirchen und kirchliche Kunst im Erzbistum Paderborn), im Katalog zur Ausstellung von 1980

 

Über Vincenz Frigger einige einführende Worte zu einem Katalog seiner Werke zu sagen ist mir ein ausgesprochenes Vergnügen. Vor vielen Jahren, als er die Stelle des Organisten an der Dompfarrei zu Paderborn antrat, waren wir obwohl unterschiedlichen Alters - zwei Leute, die sich gesucht und gefunden haben, und diese Freundschaft ist bis heute, trotz größerer räumlicher Entfernung und selten gewordener Begegnungen, nicht erloschen. Natürlich kam dieser Tatsache jener Umstand zugute, daß wir beide ein inniges Verhältnis sowohl zur Musik wie zur bildenden Kunst haben - jeder auf seine Weise zwar, aber doch auf gemeinsamem Boden. Jedoch begründen solche gleichen Interessen noch nicht notwendig solche Freundschaftsbande, zu denen etwas mehr gehört. Es gibt Leute, mit denen ich mich über die Kunst unterhalte, zu denen ich aber doch keinen anderen Zugang als den üblichen und alltäglichen finde, und wenn der gemeinsame Boden fehlt, kann es sogar zum Ärger kommen. Jetzt bin ich schon dahin gelangt, wo das Anliegen meines winzigen Unternehmens eingeschlossen ist. Weder für Vincenz Frigger, den schaffenden Maler und Musiker, noch für mich, der ich mich mehr theoretisch mit solchen Dingen zu befassen habe, sind die Künste freies Schöpfertum ohne Bindung nach unten und oben und nach beiden Seiten (aus verständlichen Gründen vermeide ich die an sich so harmlosen, nur die Waagerechte markierenden Worte rechts und links); die Kunst Friggers - ich rede jetzt aus gegebenem Anlaß von seiner Malerei und seinen plastischen Studien, obwohl er als Musiker auf gleichen Pfaden wandelt - bewegt sich nicht im luftleeren Raum, in Bereichen vermeintlich höherer Geistigkeit, sondern ist tief in der Schöpfung verwurzelt; was damit gemeint ist, weiß jeder, der ihn und mich kennt.

Es geht ihm nicht darum, in hochmütig freier Erfindung eine andere Schöpfung aufzubauen oder durch Unverständlichkeiten Unsichtbares sichtbar machen zu wollen, um dann schließlich in der gemalten Geistesverwirrung zu landen, sondern um die durch das Sehen erlangte Erkenntnis, welche über die Dinge in ihrer blanken Realität hinauswächst, und diese Erkenntnis über das Betrachten weitergibt.

Es ist daher müßig, darüber nachzudenken, welcher Schule oder Richtung der Malerei in unserem Jahrhundert die Werke Friggers zuzuordnen seien, zumal er sich in seiner Bescheidenheit nicht zutrauen würde, sich dieser oder jener zuzurechnen, der bereits etliche Kapitel in der Kunstgeschichtsschreibung gewidmet werden. Ein Dilettant in des Wortes heutzutage gängiger und fälschlicher Bedeutung ist er deswegen überhaupt nicht; schade, daß dieses Fremdwort so verkommen ist, wo es doch mit der Liebe zu den Dingen etwas zu tun hat, auch wenn jemand die Formulierung dieser Liebe nicht auf ausgedehnten Schulwegen gelernt hat. Wenn man sieht, wie Frigger ein Porträt anlegt oder eine Landschaft aquarelliert, dann merkt man, mit welcher Sicherheit und Leichtigkeit ihm das von der Hand geht - die unabdingbare Voraussetzung dafür, daß Unsichtbares sichtbar gemacht wird, aber in anderem Sinne als eben angedeutet. Solche Ziele können nicht in Stümperhaftigkeit erreicht werden, auf welchem Wege ein Künstler deren Grenze überschreitet, bleibt seine Sache. Vincenz Frigger hat sie mit großen wie gleicherweise leichten Schritten hinter sich gelassen. Von daher rührt seine alle Erregbarkeit überstrahlende und zusammenfassende Gelassenheit (um mit dem Worte zu spielen). - Das ist es, was mich an ihn zieht.

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